Das ist nicht normal!

Peter Bulke/    Jemand von den Russlanddeutschen fragte mich verständnislos: Was sucht der gerade zurückgetretene DFB-Präsident Fritz Keller vom Kaiserstuhl  bei der ehemaligen Präsidentin des Zentralrats der Juden? Wieso sucht er sie extra auf und entschuldigt sich bei ihr für eine Äußerung, die sie überhaupt nicht betrifft? – Anlass war ein Bericht der Badischen Zeitung vom 7. Mai (siehe obiges Foto). Bekanntlich hat Keller kürzlich seinen DFB-Vizepräsidenten Koch mit dem Volksgerichtshof-Richter Roland Freisler verglichen – eine völlig unsinnige Äußerung, für die er anschließend bei Koch um Entschuldigung gebeten hat. Im folgenden Text geht es um den öffentlichen Umgang mit dem genannten Vergleich.  Die Reaktionen zeigen, dass in unserer Gesellschaft einiges nicht normal ist. Denn der von Keller genannte Vergleich wird als schlimmer beurteilt als ein ordinärer Kraftausdruck.  Eine gut funktionierende Demokratie muss ohne Aufregung mit gelegentlichen Wortentgleisungen umgehen können, wenn anschließend ein Entschuldigungswunsch folgt. Die Reaktionen im Fall Keller hätten sein müssen: „nicht so wichtig nehmen“. Denn das schlechte Verhältnis zwischen den zwei führenden Fußball-Funktionären war ja schon länger bekannt. Und Vergleiche mit historischen Ereignissen oder Personen sind sowieso immer unpassend.

Es wäre vernünftiger, wenn Politiker, Medien und Historiker endlich stärker zu einer  sachlicheren, historisierenden Betrachtung der NS-Zeit gelangen würden. Aber solche Versuche werden schnell als Verharmlosung gebrandmarkt. Die Behandlung des Nationalsozialismus wird hauptsächlich auf moralischer Ebene geführt. Es geht um gut oder böse. Der Sender ZDF-info hatte in der letzten Zeit mehrmals sogar Sendungen über „Böse Bauten“ im Programm – welch sprachlicher Unfug! Die damalige  Zeit wird immer im Zusammenhang mit den Massenmorden an Juden, Zigeunern u.a. behandelt. Aber das konkrete Leben der meisten Bürger spielte sich unabhängig davon ab. Angesichts des Krieges standen verständlicherweise ganz andere Prioritäten im Vordergrund.