„Der Schutzheilige der Schlepper geht von Bord“

Peter Bulke/    Die obige etwas polemische Formulierung stammt von der AfD-Politikerin Beatrix von Storch im Zusammenhang mit dem Wechsel an der Spitze der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Der bayerische Landesbischof Bedford-Strohm war seit 2014 EKD-Ratsvorsitzender und trat am 10. November nicht mehr zur Wahl an. Von Storch erwähnt dessen „verheerende Bilanz: 2 Mill. Kirchenmitglieder weniger“. Natürlich ist dieser Mitgliederverlust schlimm für ein Volk mit christlichen Wurzeln. Aber: in den 7 Jahren zuvor – 2007 bis 2014 – gab es ebenfalls einen Verlust von 2 Mill. Man macht es sich zu einfach, hauptsächlich den bisherigen Ratsvorsitzenden für den Rückgang  verantwortlich zu machen, auch wenn etliche Austritte wegen einseitiger politischer Äußerungen von Kirchenvertretern bekannt sind. Eine Statistik über Austrittsgründe gibt es aber nicht.

Bedford-Strohm bot innerhalb und außerhalb der Kirche reichlich Anlass für Kritik. Er hätte bei seinen vielen Auftritten besser mehr Gewicht auf die eigentliche christliche Botschaft legen sollen, anstatt sich zu sehr auf politische Fragen zu verlegen. Denn aufgrund seiner Position wurden seine Stellungnahmen von den Medien weit verbreitet. Man sollte dabei aber berücksichtigen, dass die EKD nur ein loser Zusammenschluss von 20 weitgehend selbständigen Landeskirchen ist, die sich nicht pauschal in die linke Ecke stellen lassen. Die wichtigsten Kritikpunkte waren: Bedford-Strohm setzte sich dafür ein, dass die Kirche zusammen mit anderen Organisationen ein Schiff erwarb, um Flüchtlinge im Mittelmeer zu retten. Im Februar 2020 wurde das Schiff  „SeaWatch4“ getauft und dann eingesetzt. Ein weiterer Anlass für Kritik war, dass es seit einiger Zeit in der EKD heißt: Die schriftliche Kommunikation der EKD ist geschlechtergerecht zu gestalten. Dazu gehöre auch der Genderstern, um die Vielfalt der Geschlechter zum Ausdruck zu bringen. Aus christlicher Sicht problematisch war die Haltung im Rahmen des interreligiösen Dialogs. Bedford-Strohm zeigte sich einverstanden mit dem Beschluss der Kölner Stadtverwaltung, freitags 5 min. lang einen Muezzin rufen zu lassen, wenn eine muslimische Gemeinde das wünscht. In dem islamischen Gebetsruf heißt es u. a.: Es gibt keinen Gott außer Allah. Schließlich ist Bedford-Strohms einseitige Kritik an der AfD zu beanstanden. Er lehnte es ab, mit Vertretern dieser Partei überhaupt zu sprechen, obwohl es die „Christen in der AfD“ gibt, zu denen übrigens auch Personen in Südbaden gehören.

Die Zeitschrift IDEA (Nr. 44/2021) hatte vier infrage kommende Personen für den Posten des nächsten EKD-Ratsvorsitzes vorgestellt. Bei konservativen Lesern hinterließ dabei sicherlich Annette Kurschus, Vorsitzende der evangelischen Kirche in Westfalen, den besten Eindruck. Sie gilt als nachdenklich und sucht bei Auseinandersetzungen vor allem das persönliche Gespräch. Am 10. 11. wurde sie zur Nachfolgerin von Bedford-Strohm gewählt. Der Württembergische Bischof July meint, dass er von ihr weniger Politik und mehr Geistliches erwarte.

Kirchen prägen das Bild der meisten Dörfer und vieler Städte. Obiges Foto zeigt die evangelische Kirche in Bad Krozingen.