Kulturelle Beziehungen nicht zerstören!

Peter Bulke/ Badenweiler verfügt seit Langem über intensive Kontakte zu Russland. Doch wegen des Angriffs Russlands auf die Ukraine hat die Gemeinde unter Bürgermeister Vincenz Wissler die Kontakte im Rahmen der Kulturpartnerschaft mit der südrussischen Stadt Taganrog ausgesetzt. Die Badische Zeitung berichtete am 16. 03. darüber. Immerhin haben sich zwei Gemeinderäte dagegen ausgesprochen. Sie gehören übrigens zu den GRÜNEN, die auf höherer politischer Ebene eher als Scharfmacher gegenüber Russland auftreten und dabei erhebliche Nachteile für unsere Wirtschaft und den Klimaschutz in Kauf nehmen wollen. Die beiden Gemeinderäte meinen zu Recht, dass Kultur aus dem gegenwärtigen Konflikt herausgehalten werden sollte.

Taganrog ist die Geburtsstadt des berühmten Erzählers und Dramatikers Anton Pawlowitsch Tschechow (1860 – 1904). Unter den Theateraufführungen russischer Autoren in Freiburg und auch in Deutschland stehen Werke von Tschechow an erster Stelle. Der Arzt Tschechow litt an Tuberkulose. Er hat sich deshalb mehrmals in Badenweiler aufgehalten, um in der Schwarzwaldluft Heilung zu finden. Aber diese Hoffnung erfüllte sich nicht. Er starb in einem Hotel in Badenweiler. Der Tbc-Erreger war zwar 1882 von Robert Koch entdeckt worden; aber Antibiotika waren noch nicht bekannt. Das Hotel, in dem Tschechow gewohnt hat, zeigt ein Bild von ihm an der Außenwand. Und ein Kunstwerk am Hotel erinnert an sein Theaterstück Die Möve. Im direkt daneben stehenden Rathaus auf dem Tschechow-Platz ist ein Tschechow-Museum untergebracht. Tschechow war ein echter Menschenfreund. Auf einer mühevollen Reise durch Sibirien bis zur Insel Sachalin informierte er sich über die Behandlung von Insassen in Straflagern. Er konnte später erreichen, dass extreme Quälereien abgestellt oder mindestens seltener wurden.

Bereits 1908 wurde in Badenweiler auf dem Burgberg das erste Tschechow-Denkmal außerhalb Russlands unter Anwesenheit des Großherzogs von Baden eingeweiht. Es war ein Geschenk des russischen Kaiserreichs. 1918, kurz vor dem Ende des 1. Weltkrieges, wurde es noch für militärische Zwecke eingeschmolzen. Bald nach dem Untergang der Sowjet-Union konnte schon 1992 auf dem ursprünglichen Steinsockel eine gleichartige Ersatzbüste enthüllt werden, gestiftet vom Sachaliner Tschechow-Museum.