An der Freiburger Pädagogischen Hochschule ist der Islamwissenschaftler Ourghi beschäftigt. Er stammt aus Marokko und lebt seit 1992 in Freiburg und möchte als Freiburger bezeichnet werden. Er ist entscheidender Mitbegründer der neuen liberalen Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Berlin-Moabit (die lediglich ein bisheriger Gebetsraum einer ev. Kirchengemeinde ist). Die Gründung erfolgte zusammen mit der bekannten muslimischen Frauenrechtlerin Ates. Etwas Entsprechendes ist auch für Freiburg geplant.
Gehört der Islam nach Ourghis Ansicht zu Deutschland? Nein, jedenfalls nicht der Islam in seiner jetzigen Ausprägung. Denn dieser Islam stehe im Widerspruch zum Grundgesetz. Imame, die als Gäste aus der Türkei und arabischen Ländern Jugendliche unterrichten, versuchten, diese von der übrigen Gesellschaft zu isolieren. Entsprechend ausgerichtet seien auch die Predigten in Moscheen. Der Islamwissenschaftler befürwortet einen aufgeklärten deutschen und europäischen Islam. Er tritt für eine „reflektierte Identität“ ein; d.h. der Koran müsse immer wieder neu interpretiert werden können. Ein Islam ohne Bereitschaft, auch Kritik zu ertragen, sei mit einer demokratischen Gesellschaft unvereinbar. Er müsse Respekt vor anderen Religionen zeigen. Den Vertretern der christlichen Kirchen wirft Ourghi vor, dass sie bei Kontakten und Diskussionen mit Vertretern des Islam zu viel Angst davor hätten, als islamfeindlich zu gelten und deshalb auf eine klare Sprache verzichteten. Eine Missionierung lehnt er ab. Parteipolitisch stuft er sich als CDU-Sympathisant ein.
Wie sind die Ziele des Islamwissenschaftlers zu beurteilen? Als vernünftig erscheint die reflektierte Identität. Er will keine Vermischung der Religionen und lehnt es deshalb ab, dass in Schulen der Religionsunterricht durch einen Ethikunterricht ersetzt wird, wie es immer wieder von deutschen linken Kräften gewünscht wird. Jede Religion habe ihre eigene Identität. Dass ein liberaler Islam eine Chance hat, die Mehrheit der Muslime in Deutschland um sich zu scharen, ist aber wohl auf absehbare Zeit äußerst unwahrscheinlich. Wir sollten uns nicht von Politikern beruhigen lassen, wenn sie mit dem Hinweis auf einen europäischen Islam meinen, dass der zunehmende Anteil der Muslime in Deutschland unproblematisch sei. (Peter Bulke)