Lob und Kritik für die Kaczynski-Partei

Peter Bulke/    Der Stimmenrückgang für die polnische Regierungspartei ist bedauernswert und begrüßenswert zugleich. Denn es sind zwei wichtige Themen zu berücksichtigen: die Migration und die deutsche Minderheit in Polen, insbesondere in Oberschlesien.

Polen hat sich zusammen mit Ungarn erfolgreich gegen eine Massenzuwanderung gewehrt und die EU-Migrationspolitik nicht mitgemacht. In Ungarn wird deshalb das Wahlergebnis vom 15. Oktober bedauert. Es kann aber als sicher gelten, dass eine künftige polnische Regierung nicht voll die Wünsche der EU zum Zuwanderungsproblem erfüllen wird. Der vermutlich künftige Regierungschef Donald Tusk hat sich schon dagegen ausgesprochen, dass die Zuwanderer auf EU-Ebene gleichmäßiger auf die Mitgliedstaaten verteilt werden. Einen günstigen Einfluss könnte auch haben, dass der polnische Präsident Andrzej Duda der bisherigen Regierungspartei „Recht und Gerechtigkeit“ (= PiS) zumindest nahesteht; und diese ist auch weiterhin die stärkste Partei im Land. Sie hatte 2015 die Regierung übernommen. Donald Tusk war von 2014 bis 2019 EU-Ratspräsident. Er will vernünftigerweise die als undemokratisch geltende Justiz-Reform rückgängig machen.

Die PiS-Regierung zeichnete sich durch eine sehr rückwärts gewandte Betrachtung der beiden wichtigsten Nachbarländer Deutschland und Russland aus. Sie galten fast als Erzfeinde. Durch solches auf die frühere Geschichte zurückzuführendes Denken behindert Polen eine konstruktive, zukunftsorientierte Zusammenarbeit. Am  5. 9. 2017 berichtete die Badische Zeitung (BZ), dass die polnische Regierung von Deutschland 840 Milliarden € wegen Ereignissen aus der Zeit des 2. Weltkrieges fordere. 2019 erneuerte der polnische Ministerpräsident Morawiecki eine Geldforderung, ohne allerdings eine Zahl zu nennen, da sich eine Kommission noch damit beschäftige (BZ, 22. 08. 2019).

Benachteiligt wird die noch verbliebene deutsche Minderheit im heutigen Polen, die insbesondere in Oberschlesien lebt. 2022 wurden die schon recht geringen staatlichen Leistungen für den deutschen Unterricht in den Minderheitenschulen deutlich verringert: von 3 auf 1 Stunde pro Woche! Das war Thema des Pi-freiburg-Textes am 14. 03. 2022. Die BZ berichtete am 31. 01. 2023 unter der Überschrift Wahlkampf auf Kosten der Kinder – In Polen lanciert die regierende PiS-Partei einen Kulturkampf gegen die deutsche Minderheit, um Stimmung zu machen vor dem Urnengang im Herbst. Sie will den Deutschunterricht streichen. In Polen werde auch behauptet, dass der deutsche Staat einen Polnisch-Unterricht für in Deutschland lebende Polen (Arbeitskräfte u.a.) mit keinem € fördere. Tatsächlich tun das die Bundesländer: 2020 mit rund 200 Millionen €. 15.000 Kinder nehmen daran teil. Natürlich bilden die Polen in Deutschland im Unterschied zu den Deutschen in Polen keine echte Minderheit. Nach Mitteilung der „Deutschen Sprachwelt“, Herbst 2022, gibt es knapp 50.000 Kinder, die in Polen am Deutschunterricht teilnehmen.  –  Obiges Foto zeigt zweisprachige Ortsschilder in Oberschlesien, die in der Regel in Ortschaften mit mindestens 20 % deutschen Einwohnern zu finden sind.   –  p.bulke@web.de