Peter Bulke/ Anlässlich des Katholischen Kirchentages in Stuttgart wurde von den Verantwortlichen das Denkmal Kaiser Wilhelm I. mit einem roten Tuch verhüllt. Wilhelm I. hat sich sehr um Deutschland verdient gemacht.
Vor der Eröffnung des Deutschen Katholikentages in Stuttgart hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier empfohlen: Das Wort und das Zeugnis der Kirche soll nicht wiederholen, was in der Gesellschaft ohnehin gesagt wird. Orientierung können Christen nur gewinnen und geben, wenn sie sich auf ihr Eigenes besinnen . . .“. Dazu passte ganz und garnicht, dass Repräsentanten des Zentralkomitees deutscher Katholiken (ZdK) dass Stuttgarter Reiterstandbild Kaiser Wilhelm I. mit einem roten Tuch umhüllten. Die Aktion zeigt, wie sehr linkes, engstirniges Denken selbst in Teilen der katholischen Kirche Einzug gehalten hat. Als Begründung wurde genannt, dass Kaiser Wilhelm Nationalismus und Kolonialismus den Weg bereitet habe.
Nationalismus ist wie einige andere Schlagwörter ein sehr dehnbarer Begriff. Was spricht gegen gesamtdeutsches, gemeinschaftsförderndes Denken? Was spricht gegen die Einsatzbereitschaft für das eigene Land? Das ist auch heute und in Zukunft erstrebenswert. Von der mährisch-österreichischen Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach (1830 – 1916) stammt der Ausspruch Vaterlandsliebe ist erweiterte Familienliebe. Die Dichterin zählt zu den bedeutenden deutschen Erzählern des 19. Jahrhunderts und wurde in Österreich 1966 und 1991 und in Westdeutschland 1980 jeweils mit einer Sonderbriefmarke geehrt.
Gesamtdeutsches Bewusstsein hatte mit den Befreiungskriegen gegen Napoleon einen starken Auftrieb erfahren und beherrschte später auch weitgehend die Frankfurter Nationalversammlung von 1848, die bekanntlich scheiterte. Der preußische König Wilhelm hat schließlich mit der Bereitschaft, die Kaiserkrone anzunehmen, entscheidend zur Gründung des zweiten Deutschen Reiches beigetragen. Die innerdeutsche Kleinstaaterei war damit endlich überwunden, trotz weiterhin bestehender adliger Herrscherhäuser. Deutschland erlebte anschließend einen wissenschaftlichen, wirtschaftlichen und militärischen Aufstieg. Das obige berühmte Bild der Kaiserkrönung zeigt, wie der Großherzog Friedrich von Baden – neben dem künftigen Kaiser stehend – als erster ausruft: Hoch lebe Kaiser Wilhelm! – Eine großdeutsche Einigung mit Österreich war zu dieser Zeit unrealistisch. Kolonialpolitisch hatte Wilhelm I. wenig Bedeutung. Er starb 1888, wenige Jahre nach Gründung der deutschen Kolonien 1884/85.
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