
Peter Bulke/ Soll die Nationalität Krimineller genannt werden? Mit dieser Frage beschäftigte sich die Badische Zeitung im vergangenen Monat. Redakteur Dietmar Ostermann berichtete, dass die Redaktion einen Leitfaden erarbeitet hat, der sich an den Empfehlungen des Presserats orientiert. „Dieser rät, Nationalitäten in der Regel nicht zu nennen, es sei denn, es besteht ein begründetes öffentliches Interesse. … Dass jede Entscheidung eine Gradwanderung bleibt, ist uns bewusst.“ Natürlich gilt diese Regelung nicht bei Fahndungen. Mit dem sog. Pressekodex soll verhindert werden, dass Vorurteile geschürt werden. Die BZ berichtetete von zwei Auswertungen darüber, was Medien bei Gewaltkriminalität mitgeteilt haben. Die Informationen stammten von Fernsehsendungen bzw. von überregionalen Tageszeitungen. Es zeigte sich, dass sich daraus keine realistische Statistik in Bezug auf die Herkunft der Täter ergibt. Besonders deutsche Tatverdächtige wurden sehr selten als solche extra genannt. Der Anteil der Ausländer erschien deshalb überraschenderweise als stark überhöht. Diese wurden zwar meistens auch nicht erwähnt, aber nicht so selten wie deutsche Täter.
Für die Polizei gilt der Pressekodex nicht. Baden-Württemberg will aber wie bisher die Nationalität von Tatverdächtigen nur in Ausnahmefällen nennen und sieht sich in der Pflicht, „sensibel und verantwortungsbewusst mit solchen Informationen umzugehen“ (BZ, 29.08.19). In Mecklenburg-Vorpommern wird dagegen grundsätzlich die Staatsangehörigkeit genannt. NRW plant diesen Schritt, wie der dortige Integrationsminister Stamp (FDP) bekannt gab. Beim Verschweigen der Nationalität werde im Internet „schnell spekuliert, dass es jemand mit Einwanderungsgeschichte war.“ Dieses Argument trifft sicher zu. Die beste allgemeine Informationsquelle ist natürlich die offizielle Kriminalstatistik. Sie zeigt eine weit überdurchschnittliche Kriminalitätsbelastung bei Ausländern. In Baden-Württemberg lag 2018 der Anteil der verurteilten Ausländer bei 41 %, bei den Gefängnisinsassen bei 48 %.
Zu einer echten Demokratie passt es überhaupt nicht, wenn aus irgendwelchen Gründen Tatsachen verheimlicht werden, um unerwünschte Reaktionen in der Bevölkerung zu vermeiden. Zu einer echten Demokratie gehören möglichst umfassende, sachliche Informationen und offene Diskussionen. Vorbildlich ist nicht der Pressekodex, sondern – wie in der BZ am 11.12.19 berichtet wurde – die Sächsische Zeitung in Dresden. Sie hat 2016 beschlossen, die Staatsangehörigkeit von Tatverdächtigen grundsätzlich zu nennen. – Auf ein Problem soll hier noch eingegangen werden: Das lateinische Wort „natio“ bedeutet Abstammnung, Geburt. Der Begriff Nationalität wird aber in Deutschland zunehmend mit der Staatsangehörigkeit gleichgesetzt. Über die wichtigere Herkunft sagt sie aber immer weniger aus, weil vor 20 Jahren das frühere, bewährte deutsche Staatsbürgerschaftsrecht abgeschafft wurde, das zu massenhaften Einbürgerungen führt.