Vor 35 Jahren: Tod nach 46 Jahren Haft

Peter Bulke/   Rudolf Heß musste 46 Jahre bis zu seinem Tod in Haft verbringen. Initiativen zugunsten einer Begnadigung waren erfolglos. Besonders bemerkenswert war sein „Friedensflug“ nach England 1941.

Der schwedische Forschungsreisende Sven Hedin schilderte Heß als ernst, verschlossen, sympathisch. Zu Beginn des 1. Weltkrieges meldete sich Heß mit 20 Jahren als Kriegsfreiwilliger. 1917 wurde er schwer verwundet. Hitler  lernte er 1920 kennen. Von 1933 bis 1941 war er Stellvertreter Hitlers und Minister ohne Geschäftsbereich. Dadurch hatte er formell eine hohe Position, aber praktisch wenig Einfluss auf politische Entscheidungen. Von Geheimnissen  umgeben ist sein Friedensflug nach England am 10. 05. 1941. 50 Jahre später, am 10. 06. 1991, berichtete der Südkurier (Konstanz) über Dokumente, nach denen Heß unter Vorspiegelung einer Friedensregelung nach England gelockt worden sei. Heß hatte bekanntlich mit dem englischen Herzog von Hamilton korrespondiert. Diese Korrespondenz hätten britische Geheimdienstler ohne Wissen dieses Adligen abgefangen. So wurde Heß nach seinem Absprung mit dem Fallschirm festgenommen und eingesperrt. Sein eigenmächtiger Versuch, zu einer Friedensregelung mit England beizutragen, war gescheitert. Von Hitler wurde er dann als geistig verwirrt erklärt.

Nach dem Nürnberger Prozess kam Heß 1947 lebenslänglich in das Alliierte Militärgefängnis in Berlin-Spandau, zusammen mit etlichen anderen Verurteilten. Nachdem der Architekt Albert Speer nach 20 Jahren Haft  entlassen wurde, war Heß der einzige Gefangene im Spandauer 600-Mann-Gefängnis. Es bildete sich die Hilfsgemeinschaft „Freiheit für Rudolf Heß“ e.V.  Ehrenvorsitzender war der ehemalige Bundesjustizminister Dr. Ewald Bucher (FDP). Es erschienen einige ganzseitige Anzeigen in der FAZ. Am 7. 5. 1981 hieß es zu den Haftbedingungen u.a.: Einmal im Monat Besuch eines Familienangehörigen für eine Stunde unter strengster Bewachung aller vier Gefängnisdirektoren; einmal pro Woche eine Stunde Besuch des französischen Militärpfarrers . . . . Bewachung des Gefängnisses mit rd. 35 Soldaten, im monatlichem Wechsel gestellt von USA, Großbritannien, Frankreich und der UdSSR.

Für die Hilfsgemeinschaft waren auch zwei Jugendliche aus Freiburg bzw. Bötzingen 1979/80 mit Informationsständen in Freiburg und Emmendingen aktiv. Später hat sich auch Bundeskanzler Kohl für die Freilassung eingesetzt. 1986 schrieb er erfolglos einen Brief an Präsident Reagan, Staatspräsident Mitterand, Premierministerin Thatcher und Gorbatschow. Im August 1987 starb der 93-jährige, kranke Rudolf Heß. Der von britischer Seite behauptete Selbstmord entsprach offensichtlich nicht den Tatsachen. – Das Grab befindet sich in Wunsiedel am Fichtelgebirge in Nordost-Bayern.