Vor 70 Jahren: Stalins Tod

Peter Bulke/    Die Feier zum 70. Geburtstag Stalins im Jahre 1949 zeigte deutliche Züge einer Vergottung. So schrieb der  Geschichtsprofessor Georg von Rauch in seinem Buch aus dem Jahre 1955 Geschichte des bolschewistischen Russland. Stalin wurde in völlig überzogener Weise als großer Lehrmeister der Völker und sogar als Fachmann in Wissenschaften gefeiert. Vier Jahre später litt Stalin an Arteriosklerose. Die Prawda teilte damals mit, dass gegen neun sowjetische Ärzte wegen  falscher Behandlungen führender Sowjets angeklagt seien. Sechs dieser Ärzte waren jüdischer Herkunft. Stalin befürchtete, dass seine Leibärzte ihn und andere hohe Politiker umbringen wollten. Am 4./5. März 1953 starb Stalin. Sein Leichnam wurde nach der Beisetzungszeremonie präpariert und in einem Glassarg im Mausoleum am Kreml neben dem ebenso präparierten Lenin (gestorben 1924) aufgebahrt. – Nachfolger im Amt als Generalsekretär im Zentralkomitee (ZK) der KPdSU wurde Chruschtschow, der bald eine vorsichtige Entstalinisierung einleitete und 1961 den Sarg Stalins von seinem Ehrenplatz neben Lenin entfernen ließ.

Stalin hatte keine russische Abstammung, weder mütterlicher- noch väterlicherseits. Er stammte aus dem Kaukasus, nicht weit von der Stadt Tiflis. Er wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf. Als Elfjähriger verlor er seinen Vater, von Beruf Schuhmacher. Bereits in der Jugend lernte er marxistische Schriften kennen und wurde Mitglied in einer bolschewistischen Gruppe. Sein revolutionärer Name war Koba (der Unbeugsame). Den russischen Namen Stalin (der Stählerne) legte er sich später zu. In seiner Heimat organisierte er Streiks und Überfälle auf Geldinstitute und -transporte, um die Parteikasse aufzufüllen. 7-mal wurde er verhaftet (auch nach Sibirien verschickt). 6-mal gelang es ihm zu fliehen und in seiner Heimat unterzutauchen. Beim 7. Mal – 1917 – befreite ihn die Amnestie der Regierung.

Auf seine Aktivitäten wurde Lenin aufmerksam. Bald gehörte Stalin dem nur 12-köpfigen obersten kommunistischen Parteigremium an. Lenins Testament von 1922 enthält aber Bedenken gegen einen Nachfolger Stalin als Generalsekretär der Partei: Er würde die Macht in seinen Händen mit nicht genügend Behutsamkeit benutzen. In einem später (1923) hinzugefügten Zusatz schlug Lenin vor, Stalin durch einen geduldigeren, loyaleren, höflicheren Genossen zu ersetzen. Bei der Entscheidung des ZK war unter den Unterstützern Stalins auch der Genosse Sinowjew, den Stalin später, als er fest im Sattel saß, umbringen ließ. – Auf einer Ausstellung, die vor etlichen Jahren in Freiburg stattfand, wurde auch ein Schreiben vorgestellt, in dem Stalin für ein bestimmtes Gebiet der SU vorgeschlagen wurde, eine bestimmte Anzahl Menschen zu töten. Es sollten damit wohl Bauern im Rahmen der Kollektivierung der Landwirtschaft zur Ruhe gebracht werden. Stalin hatte die in dem Antrag vorgeschlagene Zahl durch Anfügung einer Null verzehnfacht.   Stalin hatte während in seiner Regierungszeit zwei Programmschwerpunkte: die Zwangskollektivierung der Landwirtschaft und eine starke Industrialisierung. Die zuerst genannte Maßnahme hatte wohl über 10 Mill. Tote zur Folge, zum gr0ßen Teil durch Hungersnot. (Siehe unseren Text vom 6. 12. 2022: Holodomor-Film in Freiburg.)

Am 6. 3. 2023 gab es im russischen Fernsehen eine Gesprächsrunde über Stalin. Zusammenfassend lässt sich dazu sagen, dass zwar der brutale Umgang mit Teilen der eigenen Bevölkerung bedauert wurde, aber der erhebliche industrielle Aufstieg und der damit zusammenhängende Sieg im 2. Weltkrieg als großer Erfolg für das Land herausgestellt wurde. Die Kollektivierung der Landwirtschaft wurde nicht behandelt.   –  Das Bild zeigt Stalin als Sieger nach dem 2. Weltkrieg.  –  p.bulke@web.de