Peter Bulke/ Die Badische Zeitung – Kommentator Frank Zimmermann – erinnert an die Kapitulation vor 75 Jahren. Eine Befreiung sei der Tag für alle, auch „für Täter und Mitläufer“ gewesen; denn es gab „für niemanden mehr etwas zu gewinnen.“ Vielleicht meinte er lediglich, dass keine direkten militärischen Kriegshandlungen mehr drohten. Aber das Morden und Sterben war nach Kriegsschluss noch nicht vorbei! Deshalb und aus politischer Sicht passt es ganz und gar nicht, von einer Befreiung unseres Volkes zu sprechen. Fast alle Ostdeutschen und viele Auslandsdeutsche verloren ihre Heimat. Die Mitteldeutschen mussten nach 12 Jahren NS-Diktatur eine 45-jährige kommunistische Diktatur unter sowjetischer Oberaufsicht erleben. (Zu den Vertreibungsverbrechen siehe Text vom 25. o3. „Flucht und Vertreibung“.)
Während in der DDR von vornherein der 8. Mai als Tag der Befreiung galt, gab es in der BRD 1985 eine lebhafte Diskussion zum Thema „Befreiung“, ausgelöst durch den damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizäcker. In einer Rede vor dem Deutschen Bundestag sagte er: „Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung. Er hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.“ Damals gab es etliche Unionspolitiker mit abweichender Beurteilung. Zu ihnen gehörte Alfred Dregger, damals Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Die meisten Medien reagierten damals aber schon nicht mehr anders als heute. Als der CSU-Abgeordnete Lorenz Niegel geäußert hatte: – „Der 8. Mai war und ist im Erleben unseres Volkes einer der traurigsten Tage, ein Tag der Demütigung…“ – nannte dies der Südkurier (Konstanz) eine „schlichte Entgleisung“. Die Rede des Bundespräsidenten wurde als „Sternstunde der Nachkriegsgeschichte“ gelobt. 10 Jahre später, 1995, meinte auch Bundeskanzler Helmut Kohl, für ihn sei das Kriegsende ein Tag der Befreiung gewesen. Wenige Tage danach sprach auch die deutsche Bischofskonferenz von „Befreiung“.
Prof. Schlee, früherer REP-Abgeordneter im Europaparlament, zitierte 1989 in einem FAZ-Leserbrief aus „Sunday Correspondent“: „Wir sind 1939 nicht in den Krieg eingetreten, um Deutschland vor Hitler oder die Juden vor Auschwitz oder den Kontinent vor dem Faschismus zu retten. Wie 1914 sind wir für den nicht weniger edlen Grund in den Krieg eingetreten, dass wir eine deutsche Vorherrschaft in Europa nicht akzeptieren können.“