Was Weltbürgern nicht gefällt

Peter Bulke/   Nach dem Brand in der Kathedrale Notre-Dame in Paris hatte Staatspräsident Macron den Wiederaufbau mit einer kleinen „zeitgenössischen architektonischen Geste“ (BZ, 21. 12.) verändern wollen. Doch nach zahlreichen Protesten entschied er, den Turm in der ursprünglichen Form aufbauen zu lasssen. Das Bauwerk ist – wie auch einige andere – eng mit dem Identitätsgefühl traditionsbewusster Franzosen verbunden. – Entsprechendes gilt für die Erlöser-Kathedrale in Moskau, die 1931 auf Stalins Befehl gesprengt wurde. 1990 begann eine Stiftung Geld für den Wiederaufbau zu sammeln. Und im Jahr 2000 konnte die originalgetreu aufgebaute orthodoxe Kirche eingeweiht werden.

Beim wieder aufgebauten Berliner Schloss ist zu wünschen, dass es ein wenig dazu beiträgt, das Bewusstsein für unsere historischen Wurzeln zu fördern. Dieses größte barocke Schloss nördlich der Alpen wurde ab 1699 gebaut – unter dem brandenburgischen Kurfürsten, der 1701 in Königsberg als Friedrich I zum ersten König in Preußen gekrönt wurde. Später, im 19. Jahrhundert, kam auf Initiative von Friedrich-Wilhelm IV vor allem die Kuppel hinzu. Im zweiten Weltkrieg durch Bomben stark beschädigt wurde das Schloss 1950 auf Befehl Ulbrichts gesprengt. Der Wiederaufbau kostete 700 Mill. €. Das völlig neu gestaltete Innere beherbergt das Humboldt-Forum mit weltweiten Sammlungen. Dessen Verantwortliche und andere Weltbürger, Negativpatrioten, Vergangenheitsbewältiger und sonstige politische Linkskräfte stören sich an dem Kreuz auf der Kuppelspitze und an dem Spruchband an der Kuppel, dessen Text aus dem Neuen Testment mit folgenden Worten endet: Dasin dem Namen Jesu sich sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind – aus christlicher Sicht etwas Selbstverständliches. Aber weltweit sind Christen in der Minderheit, und das Forum will ein weltoffener, demokratischer Debattenort werden. Das Spruchband soll deshalb durch eine Lichtinstallation mit anderem Text überstrahlt werden. Und auf der großen Dachterrasse sind neben der Kuppel zwei Tafeln geplant, auf denen es u. a. heißt: Alle Institutionen im Humboldt-Forum distanzieren sich ausdrücklich von dem Allgemeingültigkeits- und Herrschaftsanspruch des Christentums. Man sollte es kaum glauben, dass der evangelische Berliner Bischof Christian Stäblin sich schon 2020 im ähnlichen Sinne geäußert hat. Muslime können sich amüsieren. Die richtige Antwort kam vom katholischen Berliner Erzbischof Heiner Koch: Der der Spruchbandtext betone, dass die Menschen sich nur vor Gott verbeugen und keiner irdischen Macht diese Ehre erweisen sollen – welche Freiheit spricht aus diesen Worten! Unabhängig von dieser Aussage ist es absurd, ein aus künstlerischen und historischen Gründen wieder hergestelltes Bauwerk aus ideologischen Gründen verändern zu wollen. Auch den zahlreichen privaten Förderern, die ca. 100 Mill. € zusammengebracht haben, ging es um eine korrekte Wiederherstellung der äußeren Erscheinung des Schlosses.

Obiges Foto aus IDEA, Nr. 51/52 2021                              p.bulke@web.de