„Wir müssen das Asylsystem von Grund auf reformieren“

Peter Bulke/  Die Zeitschrift IDEA (Nr. 10/2023) brachte ein Interview mit dem Niederländer Ruud Koopmans, Prof. für Soziologie und Migrationsforschung an der Humboldt-Universität Berlin und gleichzeitig Direktor der Abteilung Migration, Integration, Transnationalisierung am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung.  

Um Menschenschmuggler zu bezahlen, sind oft mehrere Tausend Euro notwendig. Damit begeben sich vorwiegend mehr oder weniger wohlhabende Menschen auf den Weg in die EU. Weil fast alle Asylbewerber dauerhaft in Deutschland bleiben, ist unser Asylsystem auch für nichtverfolgte Migranten attraktiv, obwohl in der EU im Durchschnitt 45 % der Asylanträge abgelehnt werden. Der derzeitige hohe Migrationsdruck wird bleiben; denn Gebiete mit hohem Bevölkerungswachstum – Afrika und der Nahe Osten – sind Nachbarn Europas.

Hinzu kommen z. Z. Ukrainer. Diese werden viel williger aufgenommen. Das zeigt sich besonders deutlich an Polen, an anderen östlichen EU-Ländern und Deutschland. Mit „Rassismus“ habe das nichts zu tun. Die hohe Aufnahmebereitschaft sei eine Folge der geographischen Nachbarschaft und der Kriegssituation. Und mit den Ukrainern kommen auch wertvolle, ausgebildete Fachkräfte, darunter viele Frauen. In dieser Hinsicht unterscheiden sich die Ukrainer deutlich von den anderen großen Flüchtlingsgruppen. Für Deutschland wäre es natürlich gut, wenn viele Ukrainer bleiben. Die starke Zuwanderung ab 2015 hatte für Deutschland eine negative Bilanz. Die Überzeugung, dass die Integration von Flüchtlingen insgesamt gelungen sei, beruht auf fragwürdigen Projektionen und geschönten Zahlen. Ein Teil der Flüchtlinge bekommt trotz einer Arbeitsstelle noch Sozialleistungen, weil sie nicht in Vollzeit arbeiten oder wenig verdienen. Die große Mehrheit der syrischen Flüchtlinge, der größten Flüchtlingsgruppe, bleibt von staatlichen Leistungen abhängig.

Flüchtlinge machen  2,3 % der Bevölkerung Deutschlands aus, stellen aber 7 % aller Straftatverdächtigen. Bei schweren Gewalttaten wie Mord, Totschlag, Vergewaltigung beträgt ihr Anteil über 14 %. Das liegt u. a. auch  an dem hohen Anteil junger Männer unter den Flüchtlingen. Auffällig ist der Unterschied in der Kriminalitätsrate zwischen Syrern, die fast zu 100 % als Flüchtlinge anerkannt werden, und Marokkanern, bei denen nur wenige diese Chance haben. Letztere haben eine deutlich höhere Kriminalitätsrate. (Dies zeigte sich kürzlich auch an der Landeserstaufnahmestelle (LEA) in Freiburg, die im obigen Foto zu sehen ist.)

Koopmans schlägt eine festzulegende Obergrenze aufzunehmender Flüchtlinge vor: jährlich 450.000 für die EU, davon 150.000 für Deutschland. (2022 waren es in Deutschland 244.000 ohne Ukrainer.) Dazu müsste zuvor geprüft werden, wie groß in den einzelnen Herkunftsregionen die Schutzbedürftigkeit ist.  –  Anmerkung: Dieser Vorschlag wäre ein Kompromiss, der natürlich nicht das Problem der Überfremdung lösen, sondern nur verlangsamen würde.